Presseinformation des ADFC Bundesverbandes
vom 30. November 2022
Ein Jahr neue Bundesregierung
Verkehrswende: Die Ampel schaltet auf Rot
Berlin, 30. November 2022
Vor einem Jahr ging die neue Bundesregierung an den Start. Im Koalitionsvertrag
vereinbarte sie zwei wichtige Bausteine für die Erreichung der
Klimaziele im Verkehr: Die große Reform des Straßenverkehrsrechts
und die Finanzierung des Radverkehrs. Einen Gesetzentwurf ist das Bundesverkehrsministerium
aber bisher schuldig geblieben. Auch eine seriöse Finanzierung
für den Radverkehr verweigert die Ampel – stattdessen hat
sie die Mittel für den Radverkehrshaushalt unlängst sogar
auf 560 Millionen Euro gekürzt. Die Bedeutung des Fahrrads für
den Klimaschutz wird negiert. Der ADFC sieht das von Minister Wissing
angekündigte „Fahrradland Deutschland“ in Gefahr.
ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider sagt: „Der
Verkehrsminister schaltet die Verkehrswendeampel auf Rot und Klimaschutzminister
Habeck trägt das mit. Das ist beschämend. Wissing verweigert
die einfachsten und kostengünstigsten Klimaschutzmaßnahmen
im Verkehr. Die Bundesregierung hat nach einem Jahr im Amt noch nicht
mal einen Entwurf für eine Reform des Straßenverkehrsrechts
vorgelegt. Noch immer ist der Klimaschutz nicht im Straßenverkehrsrecht
verankert. Die Bundesregierung hat außerdem die dringend notwendige
Finanzierung von Radwegen und Radwegenetzen auf blamable 560 Millionen
Euro jährlich zurückgefahren. Länder und Kommunen brauchen
mindestens eine Fahrradmilliarde pro Jahr, um dem vom Minister selbst
proklamierten Fahrradland näher zu kommen. Deutschland wird seine
Klimaziele nicht erreichen, wenn der dreckige Verkehrssektor weiter
keinen Klimaschutz macht und das saubere Fahrrad als Klimaschutzmaschine
nicht ausreichend in Betracht gezogen wird.“
Koalitionsvertrag fordert Reform von StVG und StVO
Im Koalitionsvertrag ist klar vereinbart, dass die Regierung im Straßenverkehrsrecht
neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs gleichrangig
die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen
Entwicklung verankern will. Ziel ist, den Kommunen mehr Möglichkeiten
zu geben, die Straßen zugunsten von Fuß, Rad und ÖPNV
umzugestalten und so den Klimaschutz voran zu bringen. Bisher können
beispielsweise geschützte Radfahrstreifen, Fahrradstraßen
oder großflächiges Tempo 30 oftmals nicht umgesetzt werden,
weil dafür die Rechtsgrundlage fehlt. Für die Reform von
StVG und StVO hat das Bundesverkehrsministerium aber bisher keine Vorschläge
geliefert.
Jährliche „Fahrradmilliarde“ für lückenlose
Radwegenetze
Laut Nationalem Radverkehrsplan will der Bund bis 2030 lückenlose
Radwegenetze und einladende Bedingungen zum Radfahren im ganzen Land
schaffen. Der ADFC und die Verkehrsministerkonferenz der Länder
halten dafür eine langfristige Erhöhung der Fahrradförderprogramme
des Bundes auf mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr für notwendig.
Von dieser Höhe sind die im Bundeshaushalt 2023 verabschiedeten
Mittel weit entfernt. Sie wurden gegenüber 2022 sogar von 750
Millionen auf 560 Millionen Euro gekürzt. Schneider: „Ohne
deutlich höhere Investitionen in durchgängige Radwege, Radschnellwege
und Fahrradparkhäuser wird es nicht gelingen, mehr Menschen aus
dem Auto auf das Rad zu locken. Es ist unverantwortlich, dass der Bund
die Länder und Kommunen bei der Verkehrswende im Stich lässt
und die Bedeutung des Fahrrads für den Klimaschutz nicht ausreichend
anerkennt.“
Nienburg. In Nienburg erleben wir ebenfalls eine
heftige Blockade der Politik bei der Verkehrswende. Von Zielen des
Radverkehrskonzepts der Landes Niedersachsen, noch unter dem CDU-Wirtschaftsminister
Althusmann erstellt, und den Koalitionsvereinbarungen der neuen Landesregierung
aus SPD und Grünen, ist Nienburg noch weit entfernt. Ansätze für mehr
Qualität für den Fahrradverkehr sind kaum zu erkennen. Initiativen
der Parteien (SPD, CDU, FDP, WG) für das Fahrrad: Fehlanzeige. Ein
Interesse an der Unterstützung der Verkehrswende ist nicht zu erkennen.
Nienburg wird im Verkehrsbereich die Klimaziele bis 2030 deutlich verfehlen.
(Klimaziel bis 2030 25% Fahrradverkehrsanteil in Niedersachsen laut
Koalitionsvertrag. Nienburg liegt aktuell unter 10% Fahrradverkehrsanteil.)